Donnerstag, 12. November 2009

Für meine MAMA

Liebe Mama,
nun bist Du erlöst - erlöst von Deinen Schmerzen, aus Deinem Gefängnis, so empfandest Du Dein Krankenbett, aus dem Du nicht mehr aufstehen konntest! Du hast Dein Schicksal mit Kraft und einer enormen Stärke getragen!
In den 8 Wochen, die Du sterbenskrank im Hospiz verbracht hast, hast Du nie geklagt - wenn ich an Deinem Bett saß und weinte hast Du mich zusammengestaucht: Warum weinst Du?

In einem unserer letzten Telefonate war Deine Bitte an mich: Hol mich hier raus!
Nun ist Dein Wunsch in Erfüllung gegangen, Du bist frei, frei und ohne Schmerzen, frei und losgelöst von allem.

Für diese Telefonate, Papa oder Babsi haben Dich immer mit mir telefonieren lassen, wenn es Dir gut genug ging, bin ich den beiden sooooo dankbar!

Oft hast Du gesagt: Wenn die alle wüßten, dass ich laufen kann! Ich freu mich schon, wenn ich auf einer Bühne stehe und vor allen Leuten loslaufe! Alle rufen: Sie kann wieder gehen!

Woher hast Du die Kraft genommen, uns in Deinem Leid noch zum Lachen zu bringen, uns immer wieder aufzubauen, uns zu zeigen, wie sehr Du am Leben hängst...........Vor 10 Tagen noch dachten wir, Du wärst eine von den wenigen HospizbewohnerInnen, die das Hospiz noch einmal verlassen können. Du hast gegessen wie ein Scheunendrescher, konntest wieder aus einer normalen Tasse trinken. Dein Lieblingsgetränk war Cola: "Welch wunderbare Erfindung!" und "Wie das zischt!" hast Du gesagt. Und wenn wir uns über Deinen ordentlichen Zug wunderten "jahrelange Übung" - da war das Getränk noch Bier! Das mochtest Du nicht mehr!

Es ist erst wenige Tage her, da hast Du mit Papa einen Ausflug in die Stadt gemacht, Ihr wart Kaffeetrinken und Eis essen und Du warst selber begeistert von Deiner Kondition - im Rollstuhl!:-)
Am nächsten Tag meintest Du zu mir am Telefon, dass Papa sich aber mächtig für Dich in Unkosten gestürzt habe - und dass es so schön gewesen sei!

Viele Stunden haben wir bei Dir verbracht, Papa, Babsi und ich. Auch die Kinder, es fiel uns immer schwer, Dich allein zu lassen. WIr wußten ja in unserem tiefen Inneren, dass wir nicht mehr viel Zeit hatten - auch, wenn wir gerne geglaubt hätten, dass noch ein Wunder geschieht!
So viele wie möglich dieser Momente habe ich wie ein Schwamm aufgesaugt und in dem Teil meines Herzens "Mama" sicher und für die Ewigkeit "gespeichert"! Die Erinnerungen werden mich hoffentlich dann, wenn der herzzerreißende Schmerz nachläßt (nun weiß auch ich, was das für eine Art Schmerz ist) nicht mehr voller Trauer, sondern voller Dankbarkeit an Dich denken lassen!

Ach Mama, was hab ich gehadert, dass ich so weit entfernt lebe , immer noch zu versorgende Kinder habe und nicht ständig bei Dir und Papa sein konnte Trotzdem habe ich versucht so oft wie möglich zu kommen, es war so ein tiefes Bedürfnis in mir, bei Dir zu sein!
Wir haben so schöne Momente mit Dir gehabt, sind als Familie noch einmal so eng zusammen gerückt! Haben von früher erzählt, in Erinnerungen geschwelgt und immer im Kopf: VORBEI....VORBEI.......NIE WIEDER......

Wir waren nicht immer einer Meinung , aber gerade auch das hat Dich ja ausgemacht! Du warst mir eine gute Freundin. Wir haben viel miteinander unternommen, unsere gemeinsame Liebe zum Internet (die Papa und mein Schwesterlein wohl nie verstehen werden) hat uns noch enger verbunden. Mit Babsi war es die Liebe zu den Pferden!
Wenn ich ein Problem mit dem PC hatte, Du konntest es lösen! Wie hab ich Dich dafür bewundert! Wir waren 10 Jahre in einem gemeinsamen Forum, haben uns mit den Frauen getroffen, uns besucht, haben so wunderbare Zeiten miteinander gehabt. Weiißt Du noch unser erstes Forumtreffen in Berlin??? Dann später noch mal als Lina ganz klein war, auch Berlin, .............Hamburg, da hattest Du uns ein Hotel in einer "schrägen Gegend" gebucht, natürlich nichts ahnend, es war günstig! Und wir hatten so viel Spaß! Allein warst Du auch in Wien, bei Ruhrpotttreffen.........ich hatte ja immer noch Kinder um die ich mich kümmern mußte und konnte noch nicht so, wie ich so manches Mal gewollt hätte. Also mußtest Du alleine losfahren und mir hinterher ausführlich Bericht erstatten!
Und wie sehr hat Dir das Internet dann gefehlt in Deinem "Urlaub in Hospitanien" - das wolltest
Du allen erzählen, dass Du dort gewesen bist, wenn Du wieder zu Hause bist!

Ich weiß noch, wie meine Familie die Augen verdrehte, wenn sie uns beide zusammen erleben mußte - wenn dann noch Catharine dabei war, wir drei sind oder besser waren, uns so ähnlich, dann müssen wir ganz unerträglich gewesen sein!

Ach Mama, Du fehlst mir so sehr, ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr. Nun bleibt mir die Erinnerung, die Erinnerung an eine wundervolle Mutter, die mich in meinem Herzen den Rest meines Lebens begleiten wird.

Und obwohl ich sicher weiß, DU hättest die vielen Tränen nicht gewollt - so kann ich sie nicht stoppen, ich sehe aus wie ein Frosch!

Mama ich liebe Dich!

Deine Tochter Andrea

3 Kommentare:

gretelies hat gesagt…

Liebe Andrea,

fühl dich ganz fest umarmt!

Stille Grüße von Anne

Katja hat gesagt…

Oh liebe Andrea,
drück Dich ganz dolle.
Leise Grüße von Katja

Anonym hat gesagt…

Liebe Andrea,
genauso heftig, wie ich mit Deiner Mama lachen konnte habe ich gerade geheult als ich Deinen Abschiedsbrief gelesen habe. Ich verstehe Dich so gut!
Ich drück Dich ganz fest!
Gisela